An das protzige Tourismusprojekt der Orbán-Regierung erinnert noch ein großes Werbeschild an der See-Zufahrt. Es vergilbt langsam, aber noch lässt sich erkennen, was geplant war: Ein riesiger Hotelkomplex mit 100 Zimmern, 40 Reihenhäuser direkt am Wasser, eine Hafenanlage mit 800 Anlegeplätzen, ein modernes Strandbaad mit Pools, Sportanlagen, Tennisplätzen. Die 2019 kolportierte Investitionssumme: 75 bis 100 Millionen Euro.
Von den hochtrabenden Plänen umgesetzt wurde letztlich nur ein Teil der Hafenanlage für 400 Boote.
Da, wo das neue Strandbad den österreichischen Nachbarn längst Konkurrenz machen sollte, vermitteln 40 Hektar gerodete Fläche - nach wie vor mit Bauzäunen abgesperrt - einen ziemlich trostlosen Eindruck.
Dieser Eindruck verstärkt sich noch, wenn man auf das gegenüberliegende Ufer blickt: Man sieht die Seebühne Mörbisch. Die Seefestspiele werden im Sommer wieder Zehntausende Gäste ins Burgenland locken. Im wenige Kilometer entfernten Fertőrákos hingegen tut sich erst einmal gar nichts.
Das Tourismusprojekt wurde 2022 auf Eis gelegt, die heftigen Proteste dagegen dürften nicht den Ausschlag gegeben haben. Der damals historisch niedrige Wasserstand des Neusiedler Sees, in Verbindung mit den damals explodierenden Baukosten, schon eher.
"Orbán ist wie Trump", sagt Gusztáv, während er seine Angelrute positioniert. Was er damit meint? Dass auf große Ankündigungen nicht immer die entsprechenden Taten folgen.
Pfahlbauten abgerissen
2021 sollte alles noch ganz schnell gehen in Fertőrákos. Den Besitzern der Pfahlbauten, die als Superädifikate am Wasser gebaut waren, wurde zunächst die Pacht gekündigt, dann flatterten Abrissbescheide ins Haus. Die idyllischen Urlaubsheime mussten abgetragen werden - auf eigene Kosten der Bewohner. Zu den Betroffenen zählte auch Gastronom Walter Eselböck mit seinem berühmten "Haus im See". Bald nachdem die Pfahlbauten verschwunden waren, fuhren die Bagger für Erdarbeiten auf. Bis heute wurde jedoch nichts Neues gebaut.
2024 legte, spät aber doch, auch Ungarns Oberster Gerichtshof sein Veto gegen das Megaprojekt ein. Nach einer Klage von Greenpeace wurde entschieden, dass die brach liegende Baustelle nur für ein Projekt reaktiviert werden darf, das in Einklang mit der Flora und Fauna des Nationalparks Neusiedler See steht.
Was jetzt geplant ist
Projektleiter Attila Barcza gab dem ORF vergangene Woche einen groben Überblick darüber, was in Fertőrákos nun geplant wird. Das Mega-Hotelprojekt sei demnach endgültig ad acta gelegt worden, stattdessen ist von einem "naturnahen Tourismuskonzept" die Rede. In die Planung soll nun auch die Bevölkerung mit einbezogen werden. Was Barcza schildert, ähnelt den Einrichtungen auf österreichischer Seite: Ein Strandbad mit großzügigen Grünflächen, Gastronomiebetrieben und Umkleidekabinen soll es werden. Zum Zeitplan werden noch keine Angaben gemacht.
Was glauben Tibor, Gusztáv und István, wann sie wieder am Seeufer von Fertörakos nicht nur angeln, sondern auch wieder baden gehen können? "Vielleicht in zwei, drei Jahren. Vielleicht später", sagt Tibor, zuckt mit den Achseln und steckt den nächsten Köder auf seinen Angelhaken.
Kommentare