Der Schweizer Manager wurde von seiner Tante Melinda 2000 mit der Verwaltung betraut. Er sieht sich nicht als Schlossherr – und hat den Umsatz verfünffacht.
Ein Gespräch im Hotel Galántha, das Ottrubay gegenüber dem Schloss bauen ließ.
KURIER: Sie sind genau ein Vierteljahrhundert in Eisenstadt und verwalten das Esterházy-Vermögen. Wie groß ist es eigentlich? Es wird zwischen 800 Millionen und einer Milliarde geschätzt.
Stefan Ottrubay: Bei Grundbesitz ist das schwierig, weil ja ein schneller Verkauf weder möglich noch gewollt ist. Dadurch gibt es auch keinen tagesaktuellen Marktwert. Die Stiftungssatzung bestimmt, dass die wesentlichen Teile des Vermögens gehalten werden sollen.
Es gehören Land- und Forstwirtschaft und auch ein großer Teil des Neusiedlersees dazu, Sie sind also hier Platzhirsch. Kommt man an den Esterházys im Burgenland überhaupt vorbei?
Das erscheint vielleicht aus Wiener Perspektive so. Aber wir sind hier nur einer der Player, stehen aber natürlich unter starker Beobachtung.
Machen Sie sich da nicht kleiner, als Sie sind?
Historisch gesehen sind wir natürlich schon ein Faktor, aber nehmen Sie zum Beispiel den Anteil am Neusiedler See: Da ist viel Schilfgürtel, mit dem man nicht wirklich wirtschaften kann. Das Wasser ist öffentliches Gut.
Die Seegründe sind wertvoll.
Grundstücke gibt es an diesem See praktisch keine. Es sind die Seebäder, wo man gestalten kann. Die Anlage in Breitenbrunn etwa haben wir um 60 Millionen Euro saniert und neu ausgerichtet: mit Gastronomie, kleinem Konferenzbereich und bald auch Gästezimmern in Tiny-Häusern. Aber Hotellerie und Gastronomie sind keine Goldgruben. Man braucht gute Teams und Führungskräfte. Und Mitarbeiter im Hospitality-Bereich sind knapp.
Sicher 70 bis 75 Prozent kommen aus Ungarn und der Slowakei. Dasselbe gilt für den Weinbau.
Es gab einen jahrelangen Rechtsstreit mit einem Teil der Fürstenfamilie, der sich von Ihnen ausgebootet fühlte. Das war vor allem Paul Esterházy, Neffe des letzten Fürsten. Sind alle Verfahren beendet?
Das ist längst abgeschlossen. Die Konflikte sind damals vor 15 Jahren erst hochgekommen, als die frühere burgenländische Regierung begonnen hat, gegen uns zu agieren. Einzelne Namensträger aus dem Ausland wurden leider instrumentalisiert.
Die Familie wurde von der Politik instrumentalisiert?
Das war politisch. Mit dem Wechsel zur neuen Regierung war das mit einem Schlag vorbei, keiner dieser Herrschaften ist je wieder mit einer Forderung aufgetaucht.
Wurden Familienmitglieder finanziell abgefunden? Paul Esterházy hat seine Geschwister sehr großzügig finanziell abgefunden. Als Stiftungen können wir heute keine Abfindungen zahlen, es ist alles klar geregelt. Die letzte Fürstin Melinda Esterházy hat dann noch freiwillig aus dem eigenen Vermögen großzügige Schenkungen gemacht, manchen war es aber nicht genug.
Gibt es Ausschüttungen?
Nein, es gibt keine dauerhaften Ausschüttungen.
Wie sehr hat Sie das belastet?
Man hat mich darauf aufmerksam gemacht, dass im kleinräumigen lokalen Umfeld eigene Gesetzmäßigkeiten herrschen. Dass dann die Politik zur Speerspitze zahlreicher Attacken wurde, hat mich schon etwas überrascht. Geholfen hat mir aber meine Erfahrung im Weinbau. Damit habe ich sofort breite Freundschaften schließen können. Die Mitarbeiter haben nach 2001 sehr schnell erkannt, wo die erfolgreiche Zukunft von Esterházy liegt.
Gibt es im Burgenland – und vielleicht auch in Österreich noch zu viel Adelsromantik?
In Österreich gibt es schon noch etwas Adelsromantik. Politik und Wirtschaft haben Gott sei Dank sehr vieles überwunden. Im Land läuft es aber sehr gut.
Teil des Streits mit dem früheren Landeshauptmann Niessl war auch die anstehende Schloss-Sanierung. Wie geht das nun weiter?
Das Schloss wurde zum letzten Mal umfassend 1902 saniert. Jetzt sprechen wir von einem Aufwand von 120 bis 130 Millionen Euro, wenn man die sehr wertvollen, kunsthistorischen Teile des Schlosses fachgerecht saniert. Wir sind der festen Überzeugung, dass hier die klassische Formel 1/3 Eigentümer, 1/3 Land und 1/3 Bund zur Anwendung kommen sollte. Beim Schloss Esterházy handelt es sich um die Immobilie Nummer eins des Burgenlandes und eines der bekanntesten Bauwerke Österreichs.
Sie sind Schweizer, das hört man. Hat man da einen anderen Blick auf Österreich?
Die Schweiz hatte 600 Jahre Zeit, die Demokratie in Strukturen und Prozessen zu verfeinern. Österreich machte 1848 einen ersten Versuch zur Durchsetzung von Bürgerrechten. Aber die volle demokratische Selbstständigkeit erreichte das Land erst 1955 mit dem Staatsvertrag und der völligen Befreiung. Es ist bemerkenswert, wie viel in der kurzen historischen Zeit geschaffen wurde und wie gut die Demokratie funktioniert. Ich habe elf Jahre in Ungarn gelebt, hier gibt es nach der Wende noch viele offene Baustellen, besonders im Staatsaufbau und bei verfassungsrechtlichen Fragen. Wenn ich in ein, zwei Jahren beruflich kürzertreten werde, möchte ich mich dazu gemeinsam mit Experten in einer kleinen Schrift äußern.
Zur KURIER TV-Sendung Salon Salomon mit Stefan Ottrubay
Sie sind 70, wie schaut die Nachfolgeregelung aus?
Ich werde mich zurückziehen, wenn die operativen Strukturen gut geregelt sind. Wir sind gerade dabei, zwei bis drei Spitzenpositionen zu schaffen. Die Verantwortung muss auf breite Schultern gelegt werden.
Werden Ihre eigenen Kinder eine Rolle spielen?
Das muss nicht sein. Wenn die Ausbildung und das Interesse vorhanden sind, stehen natürlich auch meinen Nachkommen Aufgaben offen. Grundsätzlich wollen wir aber Strukturen schaffen, die die Stiftungen auch ohne involvierte Familie in die Zukunft führen können.
Wohnen Sie im Schloss?
Seit 120 Jahren lebt niemand mehr im Schloss, es gibt gar keine bewohnbaren Bereiche mehr. Ich habe mir in Eisenstadt ein Haus gebaut – dominiert von Glas, Stahl und Sichtbeton. Als Schweizer bin ich ein großer Verehrer von hochwertigem Sichtbeton. Nach den langen Arbeitsstunden, die mich oft in die historischen Gebäude führen, wollte ich mir und meiner Familie privat ein modernes Umfeld schaffen.
Haben Sie manchmal bereut, diese Aufgabe übernommen zu haben?
Nein überhaupt nicht! Dass es schwierig wird, hat mir Melinda schon gesagt: „Unterschätze es nicht, du wirst hier Gegner und auch Missgunst finden. Aber halte durch, weil wir wollen, dass der Besitz für das Burgenland, für Österreich und auch Europa erhalten und ausgebaut wird.“ Ich meine, das ist uns in den letzten 30 Jahren ganz gut gelungen.
Sie kämpfen um mehr Fördermittel für die von Ihnen begründete Oper im Steinbruch.
Die großen Festivalveranstalter wie Bregenz, Salzburg oder Grafenegg erhalten hohe öffentliche Mittel, während wir im Burgenland weitgehend alles aus eigener Tasche abdecken.
Eine Zeitlang wechselten die Manager bei Ihnen oft. Sind Sie ein Schwieriger – und nun milder geworden?
Ich glaube nicht, dass ich schwierig war, und ich bin sicher auch nicht „milder“ geworden. Während meiner Karriere als Manager und Unternehmer habe ich lernen müssen, dass Veränderungen und Fortschritt oft neue Strukturen verlangen.
Wie hoch ist der Umsatz?
Wir hatten 2024 rund 86 Millionen Jahresumsatz und haben in allen Unternehmungen 643 Mitarbeiter beschäftigt. Als ich vor 25 Jahren begonnen habe, lag der Umsatz bei 17 Millionen, und es waren genau 95 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter tätig. Wir haben seither neue, wichtige Geschäftsbereiche begründet und zusätzliches Vermögen geschaffen. Darauf können alle wirklich stolz sein.
Der Schweizer Manager Stefan Ottrubay ist Aufsichtsratsvorsitzender der Esterhazy Betriebe AG und Vorstandsvorsitzender der Esterhazy Privatstiftung. Er verwaltet damit das Vermögen der Esterházys.
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