Frühlingsgefühle im Café
Auch ein Kaffeehaus hat Gefühle. Es ist ein guter Ort für das erste Rendezvous ("Gehen wir auf einen Kaffee?"), für den kleinen Flirt und manchmal auch für die große Liebe. Wer Lust und Zeit hat, kann im Café Kralicek simultan gleich mehrere Romanzen beobachten.
Da ist zum Beispiel der Kavalier, der einer von ihm verehrten Frau den Platz freihält. Sie hat nämlich einen Lieblingsplatz, erste Loge links, reserviert aber nie – und ist dann enttäuscht, wenn der Platz besetzt ist. Ihr Verehrer setzt sich deshalb in "ihre" Loge und tut dann so, als würde er gerade gehen. Dabei wechseln sie jedes Mal ein paar nette Worte – und spätestens beim dritten Mal fällt ihr auf, dass das kein Zufall sein kann. Er streitet alles ab, aber sie ist gar nicht böse und fragt ihn, ob er nicht noch ein bisschen sitzen bleiben möchte.
Die Zeitung und der Zettel
Oder der Zeitungsfreak: Er liebt die Neue Zürcher Zeitung und wird unrund, wenn die nicht frei ist. Besonders grantig reagiert er, wenn sich einer vier, fünf Zeitungen auf einmal nimmt und die NZZ dabei ist. Gerade hat er eine Dame ins Visier genommen, die einen ganzen Berg Zeitungen vor sich liegen hat. Er geht an ihren Tisch, will schon was sagen – aber dann schaut sie ihn an, und die Neue Zürcher ist nicht mehr wichtig.
Oder die Schülerin, die in den Kellnerlehrling verknallt ist. Sie lässt auf ihrem Tablett einen Zettel liegen, auf dem steht: "Möchtest du dich mit mir treffen? Miriam." Es dauert Wochen, bis der Piccolo das Papierl nicht einfach wegschmeißt und endlich schaut, was draufsteht. Seither überlegt er, was er auf den Zettel schreiben wird, den er ihr nächstes Mal zur Melange legen wird.
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