„Der menschliche Körper besteht zu 60 Prozent aus Wasser. Wir sind also eigentlich Gurken mit Angstzuständen.“
So geht ein Witz, der im Internet kursiert – wobei die angegebenen Prozentwerte stets variieren. Tatsächlich ist der Wasseranteil im Körper ungleich verteilt – da ein Achtelglas, dort ein Stamperl, hier ein Kaffeehäferl voll. So sieht es jedenfalls auf dem langen Tisch aus, den das Designteam Makkink & Bey im Wiener MAK aufgestellt hat: Die Gefäße, in die Bilder einzelner Organe eingraviert wurden, geben in ihrer Gesamtheit den Wasseranteil eines Teammitglieds wieder – auf einem zweiten Tisch ist die Menge, 70 Liter, nochmal in Karaffen aufgereiht.
Gern wird im gegenwärtigen Kunstbetrieb darauf verwiesen, dass Kreative aktuelle Probleme der Welt vielleicht nicht lösen, aber doch anschaulich darstellen und emotional und ästhetisch erfahrbar machen. Gleichwohl gilt der Begriff „Illustration“ Kunstschaffenden eher als Beleidigung – die Kunst solle doch bitte sich selbst genügen, außerdem vorausdenkend und visionär sein.
Historisch und zukünftig
In diesem Anforderungsstrudel bewegt sich die Themenausstellung „Water Pressure“ (bis 7. 9. 2025), die den Bogen vom Wasser im Körper bis hin zu Starkregen und Sturmfluten spannt.
Aktuelle Probleme und Lösungen rund ums Wasser zu zeigen, ist ein Teilziel der Schau, die das MAK in Kooperation mit dem Museum für Kunst und Gewerbe in Hamburg und der Kuratorin Jane Withers ausrichtete.
Ein zweiter Teil blickt auf historische und aktuelle Designlösungen zur Wasser-Infrastruktur, hier punktet das MAK mit seinen Beständen: Neben einem wunderschönen, vom Kaiser-Enkel Franz Josef Altenburg ausgeführten Keramik-Wandbrunnen und einer typischen Wiener Bassena sieht man auch den von Gerald Kiska entworfenen Hydranten, der 1993 mit dem Staatspreis Design ausgezeichnet wurde und heute vielerorts Dienst versieht.
Es passiert sehr leicht, dass eine solche Ansammlung in Beliebigkeit ausartet oder dass die Teilbereiche Kunst, Design und Technik einander das Wasser abgraben. Die Schau im MAK umschifft die Gefahr dadurch, dass die Infos und Fallbeispiele gut dosiert und aufbereitet sind – und dass der künstlerisch-ästhetische Part sinnlich wirklich einnehmend ist: Da ist das vom Franzosen Julian Charrière inszenierte Video, in dem ein historischer Brunnen statt Wasser Flammen speit. Oder die Rutsche des Teams „Dutch Invertuals“, über die einzelne Wassertropfen über Flächen aus Filz hinunterperlen, was ebenso simpel wie spektakulär anmutet.
Keine Angstzustände
Wasser ist kostbar, bedroht, aber auch gefährlich: Wie MAK-Direktorin Lilli Hollein betont, wolle man Bewusstsein schaffen, ohne dabei mit dem Finger auf „schuldige Verbraucher“ zu zeigen.
Tatsächlich überwiegen auch in Sektionen, die sich mit Themen wie Überflutung, dem steigenden Meeresspiegel, Starkregenereignissen oder mangelnder Hygiene in Ländern des globalen Südens befassen, „best practice“-Beispiele, die Lösungen und Innovationspotenziale aufzeigen. Von der futuristischen Vision einer Seetang-Farm über bereits im Umlauf befindliche, aus Tang gefertigte Einweggeschirre bis zu wassersparenden WC-Lösungen ist viel zu entdecken. Die Kloschüsseln in dieser Museumsschau sind übrigens wirklich Kloschüsseln und nicht als Kunst deklariert.
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