Nachruf auf Elisabeth Orth: Bühnenkönigin und Lichtgestalt

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Elisabeth Orth war eine der prägendsten Schauspielerinnen Österreichs. Nun ist die Kammerschauspielerin und Doyenne des Burgtheaters 89-jährig gestorben.

"Kühl, nüchtern und sachlich“, haben ihre berühmten Eltern einst auf sie reagiert, erzählte Elisabeth Orth einmal dem KURIER. Die Eltern, das waren Paula Wessely und Attila Hörbiger. Fast unerfüllbare Fußstapfen, in die sie als Schauspielerin trat. „Und ich fragte mich bang: ,Wohin muss ich auswandern, wenn ich nicht begabt genug bin?’“

Sie war begabt genug, begabt im Übermaß. Und sie entledigte sich der Bürde des großen Namens der Schauspielerdynastie Hörbiger – der „Familie Österreicher“, wie sie wegen ihrer immensen Bedeutung genannt wurde –, sie benutzt ab 1957 den Familiennamen ihrer Großmutter mütterlicherseits.

Elisabeth Orth wurde eine der großen Theaterfiguren dieses Landes. Sie war Kammerschauspielerin, Doyenne des Burgtheaters, sie war eine der faszinierendsten Stimmen auf der Bühne. Und sie war auch eine öffentliche Person, die der Öffentlichkeit ins Gewissen redete dort, wo es nötig war.

Aufarbeitung

Geboren wurde Orth am 8. Februar 1936 in Wien als älteste jener drei Töchter (neben Christiane und Maresa Hörbiger), die allesamt erfolgreich in die Fußstapfen ihrer prominenten Eltern Paula Wessely und Attila Hörbiger treten sollten. Adolf Hitler schickte ein Glückwunschtelegramm „zur Geburt des Stammhalters“. In ihrem Buch „Märchen ihres Lebens“ (1975) arbeitete Orth auch die NS-Vergangenheit ihrer Eltern auf. Trotz Krieg erlebte sie eine behütete Kindheit, auch in der Zeit danach, als die Amis Schokolade verteilten; sie versagte bei Mathe-Arbeiten, strebte zunächst ein Philosophie-Studium an, arbeitet als Cutterin bei der Wien-Film. Dass sie sich letztlich doch für den Schauspielerberuf entschied, hatte nicht zuletzt das Zureden Oscar Werners bewirkt, der sie 1956 bei den Proben zu Hamlet näher kennenlernte.

Elisabeth Orth

Ihren Weg machte sie dann dank der strengen, genialen Schauspiellehrerin Susi Nicoletti und prägenden Theatermenschen wie Peter Zadek und Andrea Breth. Hart fand sie das Textlernen, sagte sie dem KURIER einmal. „Lesen, noch einmal lesen, entsetzt merken, was man noch nicht kann.“

Engagements in Ulm, in Köln und Berlin gab es in ihrem Leben. Aber das Burgtheater wurde ihre Heimat. Nach ihrem Debüt am Burgtheater 1965 war sie in rund 80 Inszenierungen am Ring zu sehen und arbeitete mit Größen wie Dieter Dorn, Otto Schenk oder Peter Zadek zusammen. Ab 1973 war sie festes Ensemblemitglied. „Lichtgestalt und Hohepriesterin der Burg“ nannte sie etwa Ex-Burgtheaterchef Klaus Bachler.

„Disziplin“, sagte sie einmal zu ihrem Geheimnis. „Man darf sich’s nur streckenweise leicht machen. In unserem Beruf ist das Glück immer hart erarbeitet. Talent ist wichtig, aber Disziplin ist der Ritterschlag. Und übrigens: Die schönsten Rollen sind die unsympathischen.“

Aus diesem Geist heraus benannte sie auch das, was unsympathisch war oder wurde. Auch abseits des künstlerischen Scheinwerferlichts erhob Orth – Mutter von Cornelius Obonya – immer wieder ihre Stimme und engagierte sich vor allem gegen Antisemitismus und Ausländerfeindlichkeit. „Was mir Angst macht, ist die verlotterte, zerbröselnde Demokratie. Ich frage die Regierenden: Wisst ihr auch, was ihr alles einmal zurücknehmen müsst, um das Land wiederherzustellen? Ich habe große Wut, aber ich finde mich sehr stumm in diesen Zeiten“, sagte sie zu ihrem 85er dem KURIER.

Neben ihrem Bühnenengagement war die Schauspielerin, deren 1969 in der Ehe mit dem Schauspieler Hanns Obonya geborene Sohn Cornelius Obonya ebenfalls erfolgreicher Darsteller wurde, auch immer wieder für Film und Fernsehen tätig: So spielte sie in Michael Hanekes Zweiteiler „Lemminge“ (1978) wie 2004 an der Seite von Ruth Drexel in „Die Heilerin“. Im Kino war sie unter anderem in Klaus Maria Brandauers „Georg Elser - Einer aus Deutschland“ (1989), Stefan Ruzowitzkys preisgekröntem Heimatdrama „Die Siebtelbauern“ (1997) und zuletzt in der Komödie „Über-Ich und Du“ (2014) zu sehen.

Cornelius Obonya, Elisabeth Orth

„Wenn man den Alltag wegschieben kann, dann ist das Älterwerden keine Tragik“, sagte sie einmal. „Ich habe es nie verleugnet und mich nie jünger gemacht. Ich hab immer gesagt, ich bin Vorkriegsware.“

Am Samstagabend gab das Burgtheater bekannt, dass Elisabeth Orth 89-jährig verstorben ist.

„Sie war nicht nur eine großartige Künstlerin, sondern auch in ihrem zivilgesellschaftlichen Engagement eine Instanz“, zollte Direktor Stephan Bachmann Orth den höchsten Respekt.

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