Fließend mäanderte ihr Vortrag von einem düsteren Faktum, wie Klimawandel, Fremdenfeindlichkeit, Diskriminierung zum nächsten. Immer wieder unterbrochen von elektrisierend, hypnotisierenden elektronischen Klängen und ihrem subtilen Geigenspiel.
Die Mozartsängerknaben gaben mit „David's Lamentations“ des amerikanischen Komponisten William Billings einen aufwühlenden Auftakt. Das war der Ausgangspunkt, von dem Anderson ihren feinsinnigen Faden spann. Die Klage des Königs David, der seinen Sohn um Vergebung bat, nachdem er ihn getötet hat, verglich sie mit der heutigen Elterngeneration, die sich bei ihren Nachkommen für den Klimawandel entschuldigt.
Immer schon habe sie eine „Late-Night-Show“ im Radio haben wollen, sagt sie und wandelt sich tatsächlich zur aufregenden Erzählerin böser und einiger schöner Reality-Geschichten. Nichts lässt sie aus, die verbotenen Wörter der US-Regierung, die Abschiebungen, die ständig aufkommenden Trump-Gesetze, alle 15 Minuten ein neues, die Freude über den amerikanischen Papst. Auch für ein Lob der Harvard University ist da Platz, die das Original der „Magna Charta“ entdeckte, die einen König dazu zwingt, sich an das Gesetz zu halten. Mark Fishers berühmtes Zitat: „It's easier to imagine the end of the world than the end of capitalism“ („Es ist einfacher, sich das Ende der Welt als das Ende des Kapitalismus vorzustellen“), darf da ebensowenig fehlen, wie eine imaginierte Begegnung mit Sigmund Freud, den sie per Video an eine Leinwand projiziert.
Gebannt hört man ihr zu, wenn sie aus ihrem Leben erzählt. Etwa, wie sie ihre Zwillingsbrüder in einer Nacht an einen vereisten See führt, diese einbrechen, sie nach ihnen taucht und die Mutter sie mit Lob empfängt anstatt sie zu schimpfen. Oder von ihrer Kandidatur zur Schulsprecherin. Keinen geringeren als J. F. Kennedy schrieb sie um Rat an. Der antwortete ihr sogar. Als sie dann die Wahl gewann und ihm von ihrem Sieg berichtete, schickte er ihr weiße Rosen. Ein starkes Plädoyer gibt sie für die Liebe mit Lehren ab wie: „Wenn du einen gebrochenen Mann findest, heb ihn auf“.
Zum Ausklang forderte sie das Publikum auf, jene Tai-Chi-Übungen zu praktizieren, die ihr verstorbener Mann, der Sänger Lou Reed, so geschätzt hat. Ovationen.
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