Villach bis Grado: Das ist der schönste Teil des Alpe Adria Radwegs

- Der Alpe Adria-Radweg erstreckt sich über 410 Kilometer von Salzburg bis Grado.
- Der Abschnitt ab Villach ist besonders beeindruckend.
- Im mediterranen Süden, nach Udine, treffen Radfahrer auf venezianische Architektur.
Wenn man ganz genau hinhört, ist (noch) das Schnaufen zu hören: In der Habsburger-Monarchie waren es ab 1879 die Dampflokomotiven der Pontebbana-Strecke zwischen Tarvis und Udine, heute sind es die Radfahrer, die auf der einstigen Bahntrasse im Nordosten Italiens dem Meer entgegenrollen. Allerdings schnaufen die Sportler deutlich leiser als die alten Stahlkolosse.
Besonders spektakulär ist der Abschnitt Pontebba–Moggio Udinese (Region Friaul-Julisch Venetien): Mit stetem Panorama auf die Julischen und Karnischen Alpen geht es dahin – über historische Bahnbrücken und Viadukte, durch Galerien und Tunnels. „Licht anschalten“, mahnt ein Schild beim Tunnelportal – mit Recht: Plötzlich ist es stockdunkel. Und kalt. Tief unten rauscht der türkisgrüne Fluss Fella in seinem breiten Schotterbett. Obwohl der Radweg im engen Kanaltal parallel zur Autobahn sowie zur neuen Bahnstrecke verläuft, sind diese viel befahrenen Verkehrsadern kaum zu spüren, denn sie verstecken sich im Bergesinneren oder unterhalb der Ciclovia.

Besonders schön: Nach Pontebba radelt man unter anderem auf alten Bahntrassen dahin, wo einst die Lokomotiven fuhren.
Die Pontebbana-Trasse ist nur ein kleiner Teil des insgesamt 410 Kilometer langen Alpe Adria-Radwegs, der von der Mozartstadt Salzburg nach Grado an der Oberen Adria führt. Die komplette Tour benötigt zumindest acht Tage. Für Leute mit knapperem Zeitbudget (und weniger Sitzfleisch) hat Manfred Traunmüller, Geschäftsführer des Radreise-Veranstalters Donau Touristik, einen guten Rat: „Der Abschnitt Villach– Udine ist gemütlich in fünf Tagen, sportlich oder per E-Bike in vier zu schaffen. Dieses rund 220 Kilometer lange Herzstück des Alpe Adria-Radwegs ist für mich die schönste Radtour überhaupt. Und weit weniger anstrengend als die Nordhälfte.“ Traunmüller tritt alljährlich acht- bis neuntausend Kilometer in die Pedale, weiß also, wovon er spricht.
Das Herzstück
Ein Tourenstart in Villach bedeutet Radgenuss pur: Zunächst geht es autofrei entlang des Drau- und Gailradwegs dahin. Nach Arnoldstein erleben die Radfahrer einen Flashback in die Jugendzeit: Sie passieren die – mittlerweile schäbige – Grenzstation zu Italien. Danach folgt die einzige sportliche Herausforderung des „Herzstücks“: Fünfzehn Prozent – verkündet eine Verkehrstafel. Der steile Anstieg hat es in sich, ist aber nur kurz. Hier macht sich ein E-Bike bezahlt (Spoileralarm: Für den Rest der Tour hingegen braucht man es nicht). Im goldenen Abendlicht türmen sich die schroffen Gipfel der Julischen Alpen mit Triglav und Mangart auf. Welch herrliches Panorama!
Südwärts ab Tarvis verwandeln sich die Radfahrer in Mini-Lokomotiven und folgen rund fünfzig Kilometer der einstigen Pontebbana-Trasse. Bei Camporosso erreicht die Ciclovia ihren höchsten Punkt (820 Meter) samt europäischer Hauptwasserscheide.
Von nun an geht’s bergab. Bei Pontebba erinnert ein alter Grenzstein daran, dass hier einst die Donaumonarchie endete und das Königreich Italien begann.
Stilvolle Stationen
Ehrwürdige Bahnhofsgebäude säumen den Weg. Einige modern pittoresk vor sich hin, andere sind renoviert und erzwingen als stilvolle Cafés eine Rast – so etwa die Stazioni von Ugovizza, Chiusaforte und Resiutta. Bei Letzterem empfängt ein grimmiger Bahnwärter aus Pappe, gejausnet wird in einem Triebwagen der Serie ADn800, der im Jahr 2005 ausgeschieden wurde. Bahnenthusiasten freuen sich zusätzlich über eine kleine Ausstellung.

Nicht nur Bahnfans freuen sich hier über einen Zwischenstopp.
Bei der Ortschaft Portis mündet der Fiume Fella in den Tagliamento. Die Ciclovia folgt der faszinierenden, naturbelassenen Flusslandschaft mit gewaltigem Schotterbett und türkisblauen Wasseradern. Auch Radsportler können Pech haben: Sollte mal nicht nur der Fluss rauschen, sondern der Regen, ist die neue Bahnstrecke nie weit (zum Beispiel Carnia bzw. Venzone – Udine). „Es ist den Bemühungen der Österreichischen Bundesbahnen zu verdanken, dass Trenitalia öfter verkehrt und auf Radfahrer eingestellt ist“, sagt Traunmüller.
Kleiner Exkurs: Generell ist die stete Zugbegleitung entlang des kompletten Alpe Adria-Radwegs ein Segen. Im Salzburger Land gibt’s durchaus Problemzonen: einen Anstieg 280 Höhenmeter zwischen Golling auf der stark befahrenen Bundesstraße B 159. Und von Schwarzach im Pongau nach Dorfgastein warten fordernde sechshundert Höhenmeter sowie sechs Kilometer durch den stark befahrenen Autotunnel (auf eigenem Radstreifen). Die Alternative: der ÖBB-Radzug. Wem der landschaftlich wunderschöne, aber steile Anstieg nach Bad Gastein zu fordernd ist, verlängert die Bahnfahrt bis Mallnitz (Achtung: Sperre des ÖBB-Tauerntunnels bis 13. Juli. 2025). Oder gar bis ins Mölltal (Station Obervellach), denn südlich von Mallnitz ist der separate Radweg wegen Bauarbeiten nicht befahrbar und die Radfahrer werden auf die verkehrsreiche Bundesstraße B 105 umgeleitet.
Im mediterranen Süden
Zurück nach Udine, der tausend Jahre alten Handelsstadt. Hat man die gesichtslosen Vororte hinter sich gebracht, wartet ein adrettes Zentrum mit venezianischen Palazzi, einem Schloss und ausgedehnten Laubengängen. Das Ende der Alpen ist abrupt – schon ist der mediterrane Süden mit mohnblumengeschmückten Feldern, Weingärten, stillen Dörfern, stolzen Zypressen und duftenden Schirmpinien erreicht. Nun verlangt die Orientierung etwas Aufmerksamkeit, denn statt schnurgerade auf eigener Trasse, führt die Radroute im Zickzack durch das flache Land. GPS-Daten und die Landkarte weisen aber den richtigen Weg. Der ins Zentrum eines gewaltigen neunzackigen Sterns führt: Palmanova.

Palmanova ist eine sternförmige Festung
Die von drei Mauerringen und Wällen umgebene Festung in Sternform wurde Ende des 16. Jahrhunderts als ideale Stadt von den Venezianern geplant und errichtet. Die Stadt versteckt sich derart in der Ebene, dass sie von außen nicht zu sehen ist. Darum ist auch der Kirchturm kaum höher als das eigentliche Gotteshaus. Seit 2017 zählt das geschlossen erhaltene Ensemble mit herrlichem Hauptplatz zum UNESCO-Weltkulturerbe.

Wer den ganzen Alpe Adria-Radweg fährt, startet in Salzburg. Am Ende radelt man auf diesem Damm und hat Grado vor sich.
Schon naht das nächste Italien-Highlight: Aquileia. Reste der bedeutenden Stadt des Römischen Reiches sind im Freigelände und in zwei Museen zu bestaunen. Nicht minder eindrucksvoll ist die Basilika aus dem 10. Jahrhundert mit herrlichen Mosaikboden aus dem 4. Jahrhundert und Krypta. Dann ist plötzlich das Meer erreicht. Die Lagune von Grado glitzert tiefblau, im Norden sind noch die Alpen zu sehen. Eine eigene Radspur führt über den fünf Kilometer langen Lagunen-Damm nach Grado, der Perle an der Oberen Adria – und das Ziel.

In Grado kann man sich die Basilika Sant' Eufemia anschauen. Oder Espresso trinken.
Anreise
Mit der ÖBB nach Villach (knapp 4,5 Std.), Fahrrad-Mitnahme vorab anmelden.
410 Kilometer lang ist der Alpe Adria-Radweg.
95 Prozent autofrei, nicht für Rennräder geeignet (Schotterpassagen); Rad-Beleuchtung ist in Italien verpflichtend (Tunnel!),
alpe-adria-radweg.com
Schlafen und Essen
– Hotel Nevada 4*, Tarvis: gutes, günstiges Restaurant, hotelnevadatarvisio.it
– Hotel Villa Bernt 3*, Grado: Strandnähe, schöne Zimmer, hotelvillabernt.com
Radreise Alpe Adria-Radweg
Villach–Grado, 5 ÜF, Rückreise per Bus, GPS-Daten, 7-Tage-Servicetelefon (Leihrad kostet extra); Start jeden Sa, So oder Mo bis 12. 10. 2025, ab 648 €,
donaureisen.at
KURIER Tipp: Natürlich kann der Alpe Adria-Radweg auf eigene Faust bereist werden. Allerdings ist er gut frequentiert und Übernachtungsmöglichkeiten sind mitunter rar. Die Autorin empfiehlt die Buchung einer individuellen Radreise über einen einschlägigen Veranstalter. Dann ist alles vorab organisiert: ausgewählte Hotels, Gepäcktransfer von Haus zu Haus, ausführliche Routeninfos (inklusive GPS-Daten und Radkarte), Hotline sowie Rückreise von Rad samt Reiter in die Heimat.
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