Adria-Geheimtipp Vis: Die Insel eines kroatischen Visionärs

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Die Insel Vis in der Mitte der Adria bietet spannende Einblicke in Antike und Zeitgeschichte, aber auch Ausblicke in ihre Zukunft.
Von Uwe Mauch
  • Vis ist eine kleine kroatische Insel in der Adria. 
  • Die Insel war früher militärische Sperrzone und weist noch Gebäude der Jugoslawischen Volksarmee auf.
  • Vis bietet Einblicke in Antike und Geschichte, darunter römische und griechische Überreste.

Unterhalb einer ehemaligen Diskothek liegen alte Römer. Unterhalb des ungepflegten Tennisplatzes der Stadt Vis sowie schon versunken im Meer vermutet der Archäologe Dinko Radić Gebäude und Gebeine der antiken Griechen.

Es ist ein Geschenk, wenn der Direktor des Museums von Vis durch seine Stadt führt. Seine Geschichte geht so: „Aufgewachsen bin ich hier auf der Insel, gearbeitet habe ich auf der Insel meiner Frau. Als Pensionist bin ich nun wieder heimgekehrt.“

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Aufgegraben: der Archäologe Dinko Radić.

Die Insel seiner Frau heißt übrigens Korčula und liegt knapp vierzig Seemeilen (siebzig Kilometer) entfernt – vis-à-vis von Vis.

Gospodin Radić wuchs im Tito-Jugoslawien auf. Vis war damals militärische Sperrzone. Leben durften auf der Insel nur Einheimische, Soldaten und deren Angehörige. Die ehemalige Diskothek, der Tennisplatz, etliche Realsoz-Gebäude, dazu auch das Plattenbau-Hotel „Issa“ (der alte griechische Name von Vis) erinnern an eine Zeit, als man in Jugoslawien Yugos statt VW fuhr, Cockta statt Cola schlürfte und auf Befehl vom alten Tito friedlich vereint im Vielvölkerstaat lebte.

Ganz großes Theater

Die Antike hat auf Vis auch den Kommunismus überlebt. Dinko Radić zeigt auf das Franziskanerkloster und dessen gebogene Mauer: „Sein Grundriss und unsere Funde erinnern an das römische Theater, das genau an dieser Stelle errichtet worden war.“

Hier die Bauern, dort die Fischer

Vis und der zweite große Insel-Ort Komiža sind heute beliebte Anlegestellen für die Segler. Vis ist traditionell eher bäuerlich, Komiža auf der Westseite des Eilands wurde immer schon von den Fischern geprägt. Das beweisen auch die unterschiedlichen Dialekte, wobei der eine wie auch der andere etwa so viel mit der kroatischen Hochsprache zu tun hat wie alpine Dialekte mit dem Hochdeutschen.

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Aufgedeckt: im zweiten Hafenort, in Komiža.

Den lokalen Unterschied kann man auch schmecken: Während die Viser in ihre Pogača (gefülltes Brot) noch Tomaten dazutun, schwören die Komižer auf ihre purere Variante – also nur mit gesalzenen Sardinen und Kapern.

Mit einem Augenzwinkern nennen sich die Insulaner „Faulpelze“. Dabei bearbeiten sie ihre Insel intensiv. Genial sei auch das Klima auf Vis, betont Dinko Radić. „Weil wir so weit vom Land entfernt sind, haben wir keine Bura.“

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Stolzer Sieg

Nicht unerwähnt lässt der Archäologe im Austausch mit Gästen aus Österreich die Seeschlacht vor Vis, in der die kaiserlich-österreichische Marine einen stolzen Sieg gegen die Italiener einfuhr: „Dank einer List von Admiral Wilhelm von Tegetthoff.“ Der lockte die an Mann, Munition und Kriegsschiffen haushoch überlegenen Gegner in ein Klein-Klein-Gemetzel und ließ deren stolze Schiffe rammen, um ihnen dann eine schöne Flucht zu wünschen.

Anreise
Mit der Fähre von Split nach Vis, ca. 2 Std., croatia.hr/de-de

Unterkunft
Im Hotel „Issa“ vermutet man hinter jeder Ecke Josip Broz Tito. Personal nett, Zimmer sauber. Infos: vis-hoteli.hr

Spannend für Besucher ist auch das Erbe eines Regimes, das auf einen militärischen Angriff gut vorbereitet sein wollte. Etliche Gebäude der Jugoslawischen Volksarmee stehen noch, auch die unterirdischen Anlagen für U-Boote kann man besichtigen.

In Kürze soll das Museum des Visionärs Dinko Radić in einem stolzen k. und k.-Gebäude wieder eröffnet werden: „Es ist wichtig für unsere Identität und für die Zukunft unserer Kinder auf der Insel.“

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