Nachgefragt: "Gebrauchtwagenkäufer setzen noch stark auf den Diesel"

ÖAMTC-Verkehrswirtschaftsexperten Martin Grasslober
- Der Diesel-Pkw-Marktanteil in Österreich sinkt, wobei Hybrid- und Elektrofahrzeuge an Popularität gewinnen.
- Strengere Abgasgesetze und der Trend zur Elektromobilität beeinflussen den Rückgang bei Diesel-Pkw-Neuzulassungen.
- Moderne Dieselmotoren sind durch fortschrittliche Technologien sehr schadstoffarm und erfüllen strenge Emissionsstandards.
KURIER: Der Marktanteil von Dieselautos fällt: Von Jänner bis April 2025 wurden Minus 32,7 % Pkw mit Dieselantrieb neu zugelassen. Wie hat sich der Anteil der Diesel im Vergleich zum gesamten Pkw-Bestand über die letzten 10 Jahre entwickelt?
Martin Grasslober: Vor rund zehn Jahren lag der Anteil der reinen Diesel-Pkw im Bestand noch bei rund 57 Prozent, Ende April dieses Jahres waren es nur noch rund 47 Prozent. Aber nicht nur anteilig, sondern auch absolut nahm die Zahl der reinen Diesel-Pkw in Österreich ab, während die Zahl an Autos auf Österreichs Straßen weiter stieg. 2018 waren noch knapp unter 2,8 Mio. reine Diesel-Pkw in Österreich zugelassen, aktuell sind es rund 300.000 weniger. An ihre Stelle traten insbesondere Hybrid-Fahrzeuge – hier vorrangig mit Benzinmotor – und reine Elektro-Pkw.
Wie erklärt sich der Rückgang? Welche Rolle spielt der Dieselskandal? Welche Rolle der technischen Wandel, Stichwort E-Autos sowie drohende Fahrverbote?
Unabhängig davon, inwieweit der Dieselskandal das Vertrauen in diese Technologie erschüttert hat, haben in den darauffolgenden Jahren in Kraft getretene Verschärfungen bei der Abgasgesetzgebung dazu geführt, dass die in Diesel-Pkw einzubauende Abgasnachbehandlung immer aufwendiger und damit kostspieliger wurde. Gleichzeitig müssen Hersteller auch die CO2-Emissionen der von ihnen verkauften Pkw laufend senken. Das hat wiederum dazu geführt, dass Hersteller ihr Angebot zugunsten von Elektro-Pkw und Benzin-Hybriden weiter ausgebaut haben bzw. auch künftig weiter ausbauen werden.
Und auf der Käuferseite?
Auf der Nachfrageseite spielen – neben der Verunsicherung durch den Abgasskandal – auch der Trend und der regulatorische Rahmen hin zur Elektromobilität eine Rolle. Neben wesentlichen Steuervergünstigungen, darunter die Sachbezugsbefreiung bei Privatnutzung eines Firmen-E-Autos oder der Vorsteuerabzug, müssen Unternehmen im Zuge der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) ihren CO2-Fußabdruck darstellen und setzen vermehrt auf Elektromobilität, um diesen zu verkleinern. Während es zuvor insbesondere Unternehmen waren, die aufgrund der hohen Kilometerleistungen auf Diesel gesetzt haben, sind diese nun die wesentliche treibende Kraft bei der Elektromobilität. Aus Sicht des ÖAMTC wird es insbesondere wichtig sein, das Vertrauen der Konsumenten und Konsumentinnen in neue, insbesondere aber auch in gebrauchte E-Autos zu stärken.
"Das Ende des Dieselautos ist absehbar", sagt Autoexperte Ferdinand Dudenhöfer gegenüber SRF. Teilen Sie diese Ansicht?
Mit weiter sinkenden Neuzulassungszahlen beim Diesel-Pkw wird es in Zukunft notwendigerweise auch immer weniger solcher Fahrzeuge auf Österreichs Straße geben. Aufgrund der langen Nutzungsdauer von Pkw ist aber damit zu rechnen, dass wir trotz anhaltender Elektrifizierung bzw. Hybridisierung (hier vorrangig mit Benzinmotoren) auch in zehn Jahren und darüber hinaus noch eine erkleckliche Anzahl an Pkw haben werden, die Diesel tanken. Für diese Fahrzeuge und jene, die Benzin tanken, braucht es dementsprechend alternative Kraftstoffe, um – gemeinsam mit dem Hochlauf der Elektromobilität – die CO2-Emissionen im Verkehrssektor zu senken. Hier ist die Politik gefordert, regulatorische und steuerliche Rahmenbedingung zu schaffen, damit jene, die sich den Umstieg auf die Elektromobilität nicht unmittelbar leisten können, auch weiterhin individuell mobil sein können. Aufgrund zwischenzeitlicher Lieferschwierigkeiten und Kaufzurückhaltung legte der Altersschnitt der Autos auf Österreichs Straßen in den vergangenen Jahren schnell zu. Mittlerweile ist ein Pkw in Österreich im Schnitt bereits mehr als elf Jahre alt – rund zwei Jahre mehr als noch vor zehn Jahren. Die lange Nutzungsdauer ist auch ein wesentlicher Grund für die Schwierigkeiten, die CO2-Emissionen im Straßenverkehr kurzfristig zu senken.
Und an den Tankstellen: wie lange bekommt man noch Diesel?
2024 wurden etwa 8,8 Milliarden Liter Kraftstoff in Österreich verbraucht – rund 2,2 Milliarden Liter Benzin und rund 6,6 Milliarden Liter Diesel. Diesel ist auch aufgrund des Bedarfs durch Transport-, Bau- und Landwirtschaft noch immer das mit Abstand weitaus stärker nachgefragte Produkt in Österreich. Damit sind Sorgen über die künftige Versorgung mit Dieselkraftstoff ungerechtfertigt. Zwar geht auch der Dieselverbrauch seit einigen Jahren deutlich zurück., Aus Sicht des ÖAMTC ist das jedoch vorrangig auf einen stark rückläufigen Tanktourismus und geringere Nachfrage aufgrund der wirtschaftlich angespannten Lage - und zu einem geringeren Teil auf die rückläufige Anzahl an Diesel-Pkw - zurückzuführen.
Stimmt es, dass gebrauchte Diesel massiv an Wert verlieren?
Während der reine Diesel bei den Neuzulassungen heuer (Jänner bis April) bislang nur 12,5 Prozent der Neuzulassungen ausmachte, lag der Anteil der gebraucht zugelassenen Diesel-Pkw heuer bislang noch immer bei knapp unter 50 Prozent. Während also bei Neufahrzeugen vorrangig zu Hybriden, Benzinern und E-Autos gegriffen wird, setzen Gebrauchtwagenkäufer- und käuferinnen noch stark auf den Diesel, wenngleich bereits mit deutlich abnehmender Tendenz. Letztlich ist der Wertverlust bei Diesel im Vergleich zu nicht extern-aufladbaren Hybriden oder Benzinern zwar größer, von einem außerordentlich hohen zusätzlichen Wertverlust kann aus Sicht des ÖAMTC jedoch nicht gesprochen werden.
Welche Vorteile hat Diesel auch heute noch?
Ein wesentlicher Vorteil ist der geringere Kraftstoffverbrauch, der den höheren Fahrzeugpreis bei hohen Kilometerleistungen aufwiegen kann. Andere Vorteile, die das Fahrverhalten betreffen sind oftmals subjektiv und auch vom Nutzungsverhalten abhängig.Neben dem niedrigeren Verbrauch war in der Vergangenheit auch der Preisvorteil an der Zapfsäule ein wesentliches Argument für den Diesel. Mit Mineralölsteuererhöhungen, die beim Diesel zuletzt stets höher ausfielen und der CO2-Bepreisung, die aufgrund des höheren CO2-Gehalts den Diesel stärker verteuerte, wurde der Preisvorteil an der Zapfsäule jedoch kleiner und ist immer seltener für die Konsument:innen ersichtlich: So war Diesel in den 39 Monaten seit dem Einmarsch Russlands in die Ukraine – mit dem sich insbesondere die Diesel- von den Ölpreisen entkoppelten – an Österreichs Zapfsäulen nur mehr in zehn Monaten günstiger als Benzin.
* das Interview wurde schriftlich geführt
Moderne Dieselmotoren sind laut ÖAMTC dank fortschrittlicher Abgasnachbehandlungstechnologien, etwa SCR-Katalysatoren und Partikelfilter besonders schadstoffarm. Sie erfüllen die strengen Euro-6d-Emissionsstandards, die sowohl im Labor als auch im realen Straßenverkehr überprüft werden.
Aktuelle Tests zeigen, dass moderne Fahrzeuge mit Dieselmotoren äußerst umweltfreundlich und effizient arbeiten. Schadstoffe wie Stickoxide (NOx) werden dabei auf ein Minimum reduziert – bei realen Messungen auf der Straße zum Teil unter 10 mg/km. Auch Rußpartikel werden effektiv gefiltert. Zudem überzeugen Dieselmotoren durch einen niedrigen CO2-Ausstoß, der sich mit alternativen Kraftstoffen weiter verringern lässt.
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