Karl-Heinz Grasser stellte sich "Frage nach dem Sinn des Lebens"

Karl-Heinz Grasser im Dreiteiler in Halbtotale. Er ist umringt von Journalisten mit Mikrofonen. Auch eine Kamera ist zu sehen.
Mehr als 20 Jahre nach dem Verkauf der staatlichen BUWOG-Wohnungen fällt am Dienstagvormittag die Entscheidung, ob das Urteil über 8 Jahre Haft hält.
  • Der Oberste Gerichtshof verhandelt über die Berufung im Buwog-Verfahren, in dem Karl-Heinz Grasser derzeit acht Jahre Haft drohen.
  • Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft wirft Grasser vor, Insider-Informationen beim Buwog-Verkauf weitergegeben zu haben.
  • Sollte der Oberste Gerichtshof das Urteil bestätigen, müsste Grasser die Haftstrafe antreten. Ein Urteil wird für Dienstag erwartet.

Es geht um alles für Karl-Heinz Grasser: Der ehemalige Finanzminister der Republik Österreich wurde vor fünf Jahren am Wiener Straflandesgericht zu acht Jahren Haft verurteilt. Dagegen berief er. Und das wird seit Donnerstag, vor dem Obersten Gerichtshof (OGH) verhandelt. Für Grasser entscheidet sich die Frage über Freiheit oder Haft, denn über dem OGH gibt es in Österreich keine Instanz mehr. Wird das Urteil vollinhaltlich bestätigt, muss er für acht Jahre ins Gefängnis. 

Tag eins war geprägt von den Erörterungen der Anwälte, Grasser-Anwalt Norbert Wess etwa schoss sich auf die Richterin des erstinstanzlichen Verfahrens, Marion Hohenecker, ein und bezeichnete das Urteil als "unerträglich falsch". Verteidiger Manfred Ainedter wähnte seinen Mandanten sogar in einer "griechischen Tragödie". Auch am zweiten Prozesstag klangen die Ausführungen der Verteidiger ähnlich wie zuvor - es soll "kein faires Verfahren" gegeben haben. Die Generalprokuratur kam zu dem Schluss, dass die Untreue-Schuldsprüche zum Buwog-Komplex mit einer Ausnahme - diese betrifft Starzer - sattelfest sind. Auch sei die Richterin Hohenecker deren Ansicht nach nicht befangen gewesen. 

Emotionale Statements der Angeklagten, Urteil für Dienstag erwartet

Karl-Heinz Grasser selbst beteuerte in einer emotionalen Rede abermals seine Unschuld und erklärte, dass er "nichts Unrechtes" getan und auch keine Informationen weitergegeben habe. Für Ex-FPÖ-Generalsekretär und Grasser-Trauzeuge Walter Meischberger sei das Verfahren immer "politisch motiviert" gewesen, auch er erklärt, "nichts verbrochen" zu haben. Das Urteil wird für Dienstag, den 25. März um 10:00 Vormittag erwartet.

Mit auf der Anklagebank war außerdem der Lobbyist Peter Hochegger. Dieser wurde zuvor zu 6 Jahren verurteilt. Auch er hat Berufung eingelegt.

Der KURIER begleitet den Prozess via Liveticker:

LIVE

Muss Grasser in Haft? Der OGH tagt

  • |Julia Deutsch

    "Hoffe jetzt endlich auf Gerechtigkeit"

    Grasser nach Ende des zweiten Verhandlungstages am Obersten Gerichtshof in Wien.

    KHG beim Verlassen des Gerichtssaals
  • |Christian Böhmer

    Urteil am Dienstag

    Nachdem nun alle Angeklagten ihr Abschlussplädoyer gehalten haben, hat sich der OGH festgelegt: Am Montag wird intern beraten, am Dienstag folgt um 10 Uhr die Entscheidung.

  • |Julia Deutsch

    Ex-Immofinanz-Chef über Deal

    Ex-Immofinanz-Chef Karl Petrikovics erklärte vor den OGH-Richtern, dass er als Firmenchef im Jahr 2004 die Buwog "nicht um jeden Preis kaufen" wollte. "Die Buwog war keine Jahrhundertchance, sondern ein Mittel zum Zweck. Für den Buwog-Zuschlag habe ich sicher keine Straftat begangen." Man habe Hochegger beschäftigt, um Informationen über den Mitbewerber herauszufinden, und man habe nicht gewusst, woher Hochegger das Kaufanbot der CA Immo erfahren habe. Objektiv hätte Grasser keine Informationen zum Vergabeverfahren liefern können, sagte Petrikovics.

  • |Christian Böhmer

    Acht intensive Minuten

    Aufrecht stehend hat Karl-Heinz Grasser nun ein acht-minütiges Plädoyer gehalten, in dem er die Höchstrichter direkt ansprach. "Es ist mir ein großes Anliegen, Ihnen zu sagen, dass ich keinen Geheimnisverrat gemacht habe." Grasser beteuert, dass er bis heute überzeugt sei, beim Buwog-Verkauf den besten Preis erzielt zu haben. Und dann wird er persönlich: "Als Betroffener will ich sagen: Wenn man nicht selbst betroffen ist, kann man diese Zahl (der langen Verfahrensdauer, Anm.) nicht fassen. Das ist fast ein Drittel meines Lebens. Die Belastung passiert jeden Tag, 5.635 Tage - und ebensoviele Nächte. Das ist ein Schatten, den wirst Du nicht los." 

    Grasser erzählt vom Druck, der auf ihm selbst und seiner Familie gelastet habe. "Dieses Verfahren ist für mich zur Höchststrafe geworden! Und wenn man das erlebt, stellt sich die Frage nach dem Sinn des Lebens." Nachdem er, Grasser, verurteilt worden ist, habe ihn nur ein Gedanke getragen: "Hier vor ihnen zu stehen, weil Sie unsere höchsten Richter sind." Er glaube an den Rechtsstaat, habe einen Eid auf die Republik geschworen. "Ich will ihnen aus tiefstem Herzen sagen: Ich habe nichts Rechtswidriges getan, habe ein reines Gewissen. Ich kann mich in den Spiegel schauen!" Er fühle sich als rechtmäßig Kämpfender, "wir sind vor dem OGH, im Justizpalast sollte es Recht und Gerechtigkeit geben." 

  • |Julia Deutsch

    Meischberger vergleicht Fall mit einem Tsunami

    In seinem Statement erklärt der angeklagte Meischberger, dass er bis heute nicht das Gefühl habe, etwas verbrochen zu haben.
  • |Julia Deutsch

    Grasser: "Ich habe nichts Unrechtes getan"

    Nach einer Begrüßung seitens Karl-Heinz Grasser beteuerte dieser seine Unschuld und sagt: "Ich habe niemandem Informationen aus dem Verfahren zum Verkauf der Bundeswohnungen amtsmissbräuchlich weitergegeben. Ich habe nichts Unrechtes getan."

    Er habe “beim Verkauf der Bundeswohnungen den besten Preis für die Republik Österreich” rausgeholt. Auch bei der Einmietung der Finanz in den Linzer Terminal Tower habe es “eine bestmögliche Lösung” gegeben.

  • |Julia Deutsch

    Nun folgen die Schlussworte der Angeklagten

    Auch die Angeklagten melden sich zu Wort.

  • |Julia Deutsch

    Alle Verteidiger verwiesen auf überlange Verfahrensdauer

    Die Ermittlungen in der Causa Buwog & Co. begannen im Jahr 2009, im Jahr 2017 startete der Prozess am Wiener Straflandesgericht. Das mündliche Urteil erfolgte 2020, das schriftliche Urteil wurde 2021 zugestellt. Die Berufungsverhandlung am Obersten Gerichtshof (OGH) findet nun am 20., 21., 24. und 25. März 2025 statt. Die überlange Verfahrensdauer sei beim Strafausmaß zu berücksichtigen, sagte ein Generalprokuratur-Vertreter bei der OGH-Verhandlung. Die Generalprokuratur ist die höchste Staatsanwaltschaft der Republik und berät den OGH.

  • |Christian Böhmer

    Unwürdige Dauer

    Nun ist Michael Dohr, der Verteidiger von Walter Meischberger am Wort. Die Verfahrensdauer von 15 Jahren sei „eines Staates wie Österreich unwürdig“. Italien habe ein Gesetz verabschiedet, wonach Strafverfahren maximal zehn Jahre dauern dürften. Dies könne und müsse man sich zum Vorbild nehmen. Sollte sein Mandant verurteilt werden, sei eine „drastisch reduzierte“ Strafe oder eine teil-bedingte Strafe angemessen - aber sicher nicht das von der ersten Instanz verhängte Strafmaß.

  • |Julia Deutsch

    Grassers Anwalt kritisiert Strafausmaß und Verfahrensdauer

    Grasser-Anwalt Norbert Wess stellt zu Beginn seines Statements zum Strafausmaß klar, dass seine folgenden Ausführungen nur eine "hypothetische Sicht” ist, weil das Urteil nichtig sei. Bei der Strafzumessung von Grasser in Höhe von acht Jahren Haft habe das Erstgericht “jegliches Strafausmaß aus den Augen verloren”. 80 Prozent des potenziellen Strafrahmens dürfe “man bei einem unbescholtenen Menschen so nicht ausmessen”, kritisierte Wess. Außerdem sei die sehr lange Verfahrensdauer beim Strafausmaß für Grasser nicht berücksichtigt worden.

  • |Christian Böhmer

    Entscheidung am Montag

    Die Verhandlung geht weiter, in der Mittagspause haben sich die Gerichtskiebitze ein wenig mit den Verteidigern ausgetauscht. Die Einschätzung: Heute wird noch über die Strafhöhen gesprochen und die Angeklagten dürfen das letzte Wort haben. Mit einer endgültigen Entscheidung rechnen die meisten Beteiligten erst am Montag - damit das Gericht auch die Zeit hat, über die Entscheidung zu beraten. Der OGH selbst hat sich dazu nicht geäußert.

  • |Julia Deutsch

    Pause

    Zeit für eine Pause. Der Prozess wird um 13:00 weitergeführt. Danach geht es weiter mit einer weiteren Runde der Verteidiger zum Strafausmaß sowie den Beschuldigten selbst. Noch nicht sicher ist, ob Grasser sich persönlich äußern wird. Vor ihm am Tisch liegt auf jeden Fall ein kleiner Zettel.

  • |Christian Böhmer

    Sitzordnung und „vermeintliches Abhören“

    Die Vertreterin der Generalprokuratur hat nun die Vorwürfe zerpflückt,  beim Buwog-Verfahren seien geheime Gespräche zwischen Anwälten und Mandanten im Gerichtssaal aufgenommen worden und die Sitzordnung sei unfair und  parteiisch gewesen. Wir erinnern uns: Grasser-Anwalt Norbert Wess hat das Bild des „Schützengrabens“ bemüht, in dem  Verteidiger und  Angeklagte saßen. Das habe sie, aus Sicht der Öffentlichkeit und der Laienrichter, grundsätzlich zu Schuldigen macht. Was die Aufnahmen angeht, sagt die Generalprokuratur, dass die Aufnahmen vor allem der Qualität des Verfahrens dienten - die Schriftführer würden diese benötigen. Von einem „systematischen Abhören“ von Angeklagten oder Anwälten könne nicht die Rede sein. Und was die Sitzordnung angeht, verweist die Generalprokuratur darauf, dass der Saal für den Prozess sogar  umgebaut wurde. „Die Strafverteidiger bekamen eigene Arbeitsplätze, es gab höhenverstellbare Bildschirme, und die Zuschauer durften erst ab Reihe 5 sitzen“, sagt die Vertreterin der Generalprokuratur. Wer wo wie sitzen hätte sollen, hätten die Anwälte nie konkret gesagt. Und überhaupt gehe es bei der „Waffengleichheit“ im Gerichtssaal vor allem um rechtliche Waffengleichheit -  nicht um eine optische.

  • |Julia Deutsch

    Podcast: Warum uns die Causa Buwog wieder beschäftigt

    Warum ein Telefonmitschnitt zu einem berühmten Zitat wurde - die Causa Buwog für Insider und Newcomer aufbereitet von Christian Böhmer, Raffaela Lindorfer und Johanna Hager am 40. Tresen der Milchbar.

  • |Julia Deutsch

    Keine Anhaltspunkte für Befangenheit der Richterin

    Nun erklärt eine Vertreterin der Generalprokuratur zu den Vorwürfen der Verteidigung, Richterin Hohenecker sei u.a. wegen kritischen Social-Media-Kommentaren ihres Mannes zu Grasser befangen gewesen: Es gebe keine Anhaltspunkte dafür. Äußere Umstände seien für Richterinnen und Richter nichts "Ungewöhnliches", es sei ein wesentlicher Bestandteil des Berufs, sich von den Meinungen abzugrenzen, so die Juristin. Außerdem habe sich Hohenecker von den Aussagen ihres Mannes distanziert.

  • |Julia Deutsch

    Urteile "sattelfest"

    Die Generalprokuratur ist am Wort und fasst ihre Stellungnahme vom Frühjahr 2024 zusammen. Die höchste Staatsanwaltschaft der Republik, die als Rechtswahrerin auftritt, kam in ihrem Croquis zu dem Schluss, dass die Untreue-Schuldsprüche zum Buwog-Komplex mit einer Ausnahme - diese betrifft Starzer - sattelfest sind. Im Fall Grasser wird die Aufhebung eines Schuldspruchs wegen Beteiligung an der Fälschung eines Beweismittels empfohlen. Der OGH ist zwar nicht an die Stellungnahme der Generalprokuratur gebunden, im Regelfall werden deren Stellungnahmen aber beachtet, da sie von ausgewiesenen Expertinnen und Experten nach eingehender Begutachtung erstellt werden.

  • |Julia Deutsch

    Richterin Hohenecker abermals kritisiert

    Für den Schweizer Vermögensverwalter Norbert Wicki, der heute nicht anwesend ist, spricht jetzt Dietmar Bachmann. Wie schon seine Vorredner kritisiert auch er Richterin Hohenecker sowie die Video- und Tonaufnahmen in Verhandlungspausen - "... das stimmt mich als Strafverteidiger doch sehr bedenklich". Wicki wurde erstinstanzlich und nicht rechtskräftig u.a. für Geldwäsche zu 20 Monaten Haft bedingt verurteilt.

  • |Christian Böhmer

    Die Ankläger sind am Wort

    Jetzt wird es insofern spannend, als die Generalprokuratur,  die Vertreterin der Anklage, argumentiert und erklärt, wie sie die Sache sieht.

  • |Christian Böhmer

    Historischer Tag

    Oliver Scherbaum, Strafverteidiger von Steuerberater Gerald Toifl, ist nun am Wort. Der Rechtsanwalt bezeichnet den ersten Verhandlungstag vor dem OGH als „historisch“. Wenn „erfahrene Strafverteidiger“ - Scherbaum schaut hier seine Kollegen Manfred Ainedter, Norbert Wess und Michael Dohr an - davon sprechen würden, dass ihre Mandanten einfach kein faires Verfahren bekommen hätten, dann müsse das doch sehr zu denken geben. 

  • |Philipp Wilhelmer

    Es geht los

    Den Anfang macht der Verteidiger des ehemaligen RLB OÖ-Vorstands Georg Starzer, der erstinstanzlich und nicht rechtskräftig als Beitragstäter zu Grassers Untreue und als unmittelbarer Täter der Bestechung zu drei Jahren Haft verurteilt worden war. Die Generalprokuratur als Berater des OGH empfiehlt jedoch bei ihm die vollumfängliche Aufhebung des Urteils und eine neue Verhandlung. "Mein Mandant schließt sich den Ausführungen der Generalprokuratur vollinhaltlich an", so der Verteidiger Oliver Plöckinger.

  • |Christian Böhmer

    Ganz in Gelb

    Michael Dohr, der Strafverteidiger von Walter Meischberger, hat ein Faible für Schrilles. Schon in der Hauptverhandlung hat er fast täglich mit jedenfalls ungewöhnlichen Anzügen für Schmunzeln und Aufmerksamkeit gesorgt. An diesem zweiten Verhandlungstag vor dem OGH posiert er für den KURIER mit seinem Mandanten in einem gelben Zweiteiler mit Smiley-Krawatte.

  • |Christian Böhmer

    Die Ruhe vor Tag 2

    Der Verhandlungssaal füllt sich langsam. Karl-Heinz Grassers Anwalt Norbert Wess ist bereits da, auch der Angeklagte Walter Meischberger. Wie am ersten Tag warten  Gerichtshelfer, Journalisten und Fotografen auf den Hauptangeklagten Karl-Heinz Grasser.

  • |Philipp Wilhelmer

    Justizpalast für Besucher gesperrt

    Wegen der OGH-Verhandlung in der Causa Buwog sind heute keine Touristinnen und Touristen im Wiener Justizpalast zugelassen. Normalerweise dürfen pro Tag rund 150 Touristen das historische Gebäude kostenlos besuchen. Auf der Gerichts-Website heißt es auch: "Der Justizpalast ist ein Gerichtsgebäude, kein Museum und keine Filmkulisse".

  • |Philipp Wilhelmer

    Wie lange das OGH-Verfahren dauern wird

    Für das Verfahren beim OGH wurden vier Tage anberaumt. Grasser-Anwalt Manfred Ainedter rechnet mit einer OGH-Entscheidung bereits am kommenden Montag, also an Tag 3.

  • |Philipp Wilhelmer

    Worum geht es heute?

    Heute, Freitag, wollen sich noch mehrere Anwälte, die Generalprokuratur und die Beschuldigten selbst zu Wort melden. Besonders den Ausführungen Grassers wird mit Spannung zugehört werden.

  • |Philipp Wilhelmer

    So lief Tag 1 ab

    Mein Kollege Christian Böhmer hat den Prozess minutiös verfolgt und eine atmosphärisch spannende Reportage geschrieben: "Er sitzt einfach nur da. Über Stunden, aufrecht. Ab und zu nippt er an dem Becher mit Wasser, doch die meiste Zeit hört er einfach nur zu und ist schwer zu lesen. Keine Regung, kein Lächeln, kein Stirnrunzeln. Und im Unterschied zu Walter Meischberger, seinem Sitznachbarn und Trauzeugen, macht er sich an diesem sonnigen März-Tag im Justizpalast keine Notizen. Karl-Heinz Grasser ist wieder vor Gericht." 

  • |Philipp Wilhelmer

    Guten Morgen!

    Tag 2 des OGH-Prozesses zur Causa Buwog beginnt um 10.00 Uhr im Wiener Justizpalast. Wir werden Sie wie gestern an dieser Stelle am Laufenden halten. 

  • |Philipp Wilhelmer

    Prozesstag 1 ist vorbei

    Danke für Ihre Aufmerksamkeit!
    Morgen, Freitag, geht es weiter. Der KURIER wird berichten. 

  • |Philipp Wilhelmer

    Anwalt Dietrich: Verfassung habe ihre "Eleganz" verloren

    Mehr als eine halbe Stunde argumentierte Petrikovics-Anwalt Dietrich, warum seiner Rechtsmeinung nach Richterin Hohenecker parteiisch und nicht neutral gewesen ist. Das Recht auf den gesetzlichen Richter sei verletzt worden, so Dietrich. Den ersten Teil seiner Ausführungen beendete er mit dem Satz: Die Verfassung habe ihre "Eleganz" verloren.
  • |Philipp Wilhelmer

    Noch nie dauerte ein schriftliches Urteil so lange

    14 Monate dauerte es, bis nach dem Urteilsspruch am Wiener Straflandesgericht das verschriftlichte Urteil vorlag. Im Jänner 2022 wurden jene 1280 Seiten publik, in denen die Haft für Grasser, Meischberger und Hochegger begründet wurden. Auf die schriftliche Begründung des Urteils hat bisher kein anderer Verurteilter so lange warten müssen.

  • |Philipp Wilhelmer

    "Fehlerhafte Gerichtsbesetzung"

    Der Anwalt von Ex-Immofinanz-Chef Karl Petrikovics, Otto Dietrich, spricht von einer "fehlerhaften Gerichtsbesetzung - aus mehreren Gründen". So hätte der Akt nicht bei Richterin Hohenecker landen und schon gar nicht dort bleiben dürfen. Hohenecker sei befangen gewesen. Petrikovics wurde u.a. wegen Beitragstäterschaft in erster Instanz nicht rechtskräftig zu zwei Jahren Haft verurteilt.

  • |Philipp Wilhelmer

    Hocheggers Anwalt hielt sich kurz

    Nun ist der Anwalt des Ex-Lobbyisten Peter Hochegger, Leonhard Kregcjk, dran. Hochegger legte beim Prozess am Wiener Straflandesgericht ein Teilgeständnis ab und belastete Grasser. Er fasste nicht rechtskräftig, unter anderem wegen Beitragstäterschaft, eine Freiheitsstrafe von sechs Jahren aus. Kregcjk hielt sich kurz.

  • |Christian Böhmer

    Dohr am Wort

    Nun ist Michael Dohr, der Rechtsanwalt von Walter Meischberger am Wort. Er sagt, das Verfahren habe "nur Verlierer" - und zwar unabhängig davon, ob die Angeklagten am Ende schuldig oder freigesprochen werden. Warum? Dohrs Argument ist die Dauer des Verfahrens: "Es kann niemand im Interesse der Rechtsunterworfenen sein, dass ein Verfahren 16 Jahre lang dauert. 16 Jahre verdächtig zu sein, das ist unerträglich!"

  • |Philipp Wilhelmer

    Verhandlungspause

    Die Verhandlung pausiert. Um 13.30 Uhr geht es weiter!

  • |Philipp Wilhelmer

    Grasser hatte "kein Sonderwissen", betont Anwalt Wess erneut

    Anwalt Wess betonte, dass Grasser “kein Sonderwissen” zur Privatisierung der Bundeswohnungen gehabt habe, etwa das Kaufangebot der CA Immo in Höhe von 960 Mio. Euro. Grasser habe gewusst, “was alle anderen wussten”. “Das ist unerträglich von der Beweiswürdigung”, kritisierte der Grasser-Anwalt.

  • |Philipp Wilhelmer

    Der Grasser-Prozess im Video

    Der Auftakt des Prozesses im Bewegtbild:

    BUWOG-Prozess geht in letzte Instanz

  • |Philipp Wilhelmer

    Kritik an Tonaufnahmen

    Grasser-Anwalt Wess kritisierte heute vor dem OGH erneut, dass während des Prozesses gegen Ex-Finanzminister Grasser und andere auch vor und nach der Hauptverhandlung sowie in den Prozesspausen im Schwurgerichtssaal des Wiener Straflandesgerichts Ton- und Bildaufnahmen stattfanden. “Ich war schockiert. Das kann nicht sein. Da waren Verteidigergespräche drauf”, sagte Wess.

    Dem KURIER sagte Irmgard Griss, Ex-Präsidentin des Obersten Gerichtshofs, im Jahr 2020 zu den Aufnahmen: "Sie werfen kein gutes Licht auf das Verfahren und die Justiz. Das ist nicht in Ordnung. Auch wenn es, so wie ich glaube, nicht mit böser Absicht passiert ist, muss gerade ein Gericht peinlichst genau Vorschriften einhalten." Für die Verteidigung seien die Aufnahmen "beinahe ein Glücksfall".

  • |Christian Böhmer

    Norbert Wess im "Schützengraben"

    Grassers zweiter Verteidiger, Norbert Wess, erklärt nun, warum für ihn das Buwog-Verfahren gegen Grasser & Co schlicht "unfair" war. Er erinnert daran, dass der Ehemann der Richterin mit Grasser-kritischen Tweets für Aufsehen sorgte und zudem der Sohn der Richterin Rechtsanwaltsanwärter in jener Kanzlei war, die die beim Buwog-Verfahren unterlegene CA IMMO beraten habe. Der Anschein der Unabhängigkeit sei definitiv nicht gegeben gewesen, dennoch habe Marion Hohenecker das Verfahren weiter geführt. Zudem verwehrt sich Wess gegen das Lächerlich-Machen, dass er und andere Verteidiger die Sitzordnung beim Prozess heftig kritisierten. Ausgerechnet die Angeklagten und ihre Anwälte seien - im Unterschied zu allen anderen Gerichtssälen Österreichs -  "am tiefsten Punkt" des Verhandlungssaales gesessen. "Wir waren im Schützengraben", sagt Wess. Und warum ist das wichtig? Weil damit, so der Rechtsanwalt, ein Bild und Eindruck vermittelt werde. Das Setting hat die Laienrichter  beeindruckt. Diese Botschaft will Wess vermitteln. Als Beleg bringt er die Anzahl der Fragen: "In 169 Tagen kam keine einzige Frage eines Laienrichters, keine einzige!" Kurzum:  Prozessführung und Verfahren waren problematisch und unfair. Oder, wie Wess später sagt: "Das Urteil ist unerträglich falsch."

  • |Philipp Wilhelmer

    "Wos woar mei Leistung?" zum Reinhören

    Der KURIER-Innenpolitik-Podcast "Milchbar" hat das Thema brandaktuell aufgegriffen. Wer nachhören möchte:

  • |Philipp Wilhelmer

    Das Verfahren in Zahlen

    • Anklageschrift der WKStA hatte einen Umfang von 825 Seiten 
    • Hauptverhandlung am Landesgericht für Strafsachen Wien dauerte 168 Tage von Dezember 2017 bis Dezember 2020 
    • 150 Zeugen wurden vor Gericht einvernommen 
    • Mündliches Urteil durch Richterin und Vorsitzende des Schöffengerichts Marion Hohenecker im 4. Dezember 2020 
    • Schriftliches Urteil im Umfang von 1.280 Seiten wurde Ende Jänner 2022 zugestellt  
    • Alle 8 Verurteilten brachten Rechtsmittel (Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung) gegen die Urteile ein  
    • 160-seitige Stellungnahme der Generalprokuratur zu den Urteilen im Mai 2024
  • |Christian Böhmer

    Grasser und die griechische Tragödie

    Jetzt sind die Verteidiger am Wort. Rechtsanwalt Manfred Ainedter beginnt zu erklären, warum er als erster spricht - die Seniorität im Team - und er gibt zu, ausnahmsweise nervös zu sein. Warum? "Ich vertrete Mag. Grasser seit 2002". Es sei ihm daher alles andere als "wurscht" was im Laufe der vielen Jahre passiert sei. Alle übrigen Verfahren gegen seinen Mandaten seien eingestellt worden, erklärt Ainedter. "Und nirgends wurde ein Verdacht auf Bestechlichkeit festgestellt." Aber weil nicht sein könne, was nicht sein dürfe, blieb Grasser als jüngster Finanzminister der Republik im Visier der Strafverfolger. Ainedter spricht von einer "griechischen Tragödie", in der Grasser wie ein Hauptdarsteller - unabhängig davon, was er tut - in jedem Fall schuldig wird. "Genau dieses Szenario lebt Mag. Grasser vor."
  • |Christian Böhmer

    Details und Kleiderordnung

    Zur Szenerie: Alle am Verfahren beteiligten - bis auf die Angeklagten - tragen Talare. Die fünf, am Kopfende des Saals sitzenden Höchstrichter (der Senat zählt drei Frauen, zwei Männer) tragen lila (die Vorsitzende mit einem Hermelin-Kragen); die zwei Vertreter der Anklagebehörde - in dem Fall die Generalprokuratur -  sind in rote Talare gewandet, die Verteidiger - darunter Grassers Anwälte Manfred Ainedter und Norbert Wess - haben neutral-schwarze Talare angelegt.

  • |Christian Böhmer

    Die Berichterstatterin des OGH, Daniela Setz-Hummel, erklärt weiterhin im Detail, für welche Straftaten genau Grasser und die vier weiteren Angeklagten (darunter sein Trauzeuge Walter Meischberger) in erster Instanz verurteilt worden sind. Dabei geht es nicht nur darum, dass "KHG" und Meischberger das Bieterverfahren des Buwog-Verkaufs manipuliert und sich eine Provision von 9,6 Millionen Euro gesichert, sondern auch Beweismittel bzw. Dokumente gefälscht haben, um beispielsweise Grassers Zugriff auf geheime Nummernkonten zu verschleiern. Allen Angeklagten hören Setz-Hummel ruhig zu, Grasser nimmt bisweilen an Becher mit Wasser.

  • |Philipp Wilhelmer

    Der Ex-Liebling der Nation: Karl-Heinz Grasser im Porträt

    Er war ein Star, ohne Zweifel. Mit nur 31 Jahren wurde der Kärntner Unternehmersohn Karl-Heinz Grasser im Jahr 2000 Finanzminister der ersten ÖVP-FPÖ-Regierung und erfreute sich messbar starker Sympathiewerte.  

    Erst von FPÖ-Chef Jörg Haider und dann von ÖVP-Kanzler Wolfgang Schüssel gefördert, vermischte Grasser  die Ebenen der Society und der Politik. KHG, so sein Kürzel, verstand es sich selbst zu vermarkten. Er erkor beispielsweise das Null-Defizit zum Ziel der Regierungspolitik und sorgte dafür, dass auf einer Uhr in der Kärntnerstraße der Countdown bis zum Erreichen dieses Budgetziels zu sehen war. 

    Lebens- und Politikstil sollte rasch zum Problem werden. So ließ sich Grasser als amtierender Finanzminister von der Industriellenvereinigung sponsern.  Viel Öffentlichkeit auf den Society-Seiten brachte ihm seine Hochzeit mit der wohlhabenden Swarovski-Kristallerbin Fiona Pacifico-Griffini.

    Nach dem Abschied aus der Politik 2007 versuchte Grasser als Galionsfigur eines Energie-Investmentfonds von Julius Meinl V. zu reüssieren.
    Nach der Verhaftung Meinls im April 2009 verkaufte Grasser seine Anteile, konnte aber mit den bald darauf beginnenden Enthüllungen zur BUWOG-Affäre wirtschaftlich nie wieder richtig Fuß fassen.

    Grasser als jüngster Finanzminister der Zweiten Republik mit dem damaligen Kanzler Wolfgang Schüssel.

  • |Christian Böhmer

    Wie ist der Prozess gelaufen?

    Das Verfahren beginnt nun damit, dass eine der fünf Höchstrichterinnen "Bericht erstattet" über den Ablauf des Verfahrens bzw. vor allem des Prozesses. Die OGH-Richterin erklärt nun, worum es grundsätzlich im Verfahren geht. Im Kern: Karl-Heinz Grasser und Mittäter sollen das Bieterverfahren der Buwog manipuliert, Bestechungszahlungen genommen und dabei mehrere Straftaten begangen haben - darunter, abgesehen von der Untreue, auch Urkundenfälschung und Geldwäsche.

  • |Christian Böhmer

    Auftritt Karl-Heinz Grasser - mit "Frühlingsbeginn"

    Fünf Minuten vor Verhandlungsbeginn betritt Karl-Heinz Grasser den Saal. Die Miene ist stoisch-ernst, er trägt, was er in den vergangenen Jahren so oft getragen hat: Dunklen Anzug, weißes Hemd, dazu eine hellblaue Krawatte. Auf die Frage, womit er rechnet, antwortet er bloß "Mit dem Frühlingsbeginn".

  • |Philipp Wilhelmer

    Vier Prozesstage sind selten

    Dass der OGH vier Tage für eine Verhandlung ansetzt, kommt selten vor, das ist dem Umfang geschuldet. Zum Vergleich: In der Causa BAWAG/Karibik-Verluste hatte der OGH einst zwei Tage verhandelt. Spätestens am Dienstag ist klar, ob die BUWOG-Urteile gegen Grasser, Meischberger und Hochegger halten.

  • |Philipp Wilhelmer

    Hochegger kommt nicht

    Der nicht rechtskräftig zu sechs Jahren Zusatzfreiheitsstrafe verurteilte Ex-Lobbyist Peter Hochegger wird heute aus gesundheitlichen Gründen nicht an der Verhandlung beim Obersten Gerichtshof (OGH) teilnehmen. Laut Medienberichten hat er ein ärztliches Attest vorgelegt.

  • |Philipp Wilhelmer

    Hier wird verhandelt: Der Justizpalast

    Neben dem Obersten Gerichtshof beherbergt der Justizpalast das Oberlandesgericht Wien und das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien sowie die Generalprokuratur und die Oberstaatsanwaltschaft Wien. Bekannt ist vor allem der Blick auf die Treppe der großen Zentralhalle: Eine Marmor-Statue der Justitia in sitzender Stellung mit vergoldetem Schwert und Gesetzbuch. Historisch war der Justizpalast Schauplatz der gewaltsamen Auseinandersetzungen in der Ersten Republik. Bei Kämpfen zwischen Anhängern des Republikanischen Schutzbundes und der Frontkämpfervereinigung im burgenländischen Ort Schattendorf am 30. 1. 1927 wurden zwei unschuldige Menschen getötet; die der Tat Angeklagten wurden in der Folge von einem Geschworenengericht in Wien freigesprochen. Im Zuge einer gewaltsamen Demonstration gegen dieses Urteil wurde der Justizpalast am 15. 7. 1927 in Brand gesetzt. Die Polizei erhielt Schießbefehl und 89 Personen kamen ums Leben.

    Justizpalast

    Die Säulenhalle des Justizpalastes.

  • |Philipp Wilhelmer

    Das sind die beiden Mitangeklagten

    Der ehemalige PR-Mann und Lobbyist Peter Hochegger und Grassers Treuzeuge, Walter Meischberger.

Worum geht es in dem Verfahren?

2004 wurden 60.000 staatseigene Wohnungen (darunter die Buwog) unter der Federführung des Finanzministeriums privatisiert, sprich: verkauft. Am Ende wurden 961 Millionen Euro lukriert.

Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) sieht es als erwiesen an, dass die Lobbyisten Walter Meischberger und Peter Hochegger, die den späteren Käufer – die Immofinanz – beraten haben, genau wussten, wie viel die Konkurrenz – die CA Immo – bereit gewesen wäre zu bieten.

Wieso wussten die beiden das?

Die WKStA – und später auch die Strafrichterin, die in erster Instanz entschieden hat – erachten es als schlüssig, dass Meischberger und Hochegger einen Insider-Tipp bekommen haben – und zwar von Karl-Heinz Grasser.

Im Prozess hat Meischberger gar nicht bestritten, dass er es war, der der Immofinanz dringend riet, jedenfalls höher als 960 Millionen Euro zu bieten (was sie mit 961 Millionen getan hat). Bestritten hat er lediglich, dass seiner Empfehlung ein Tipp Grassers zugrunde lag.

Genau das hielten die Staatsanwälte – und später auch das Gericht – für unglaubwürdig. Vielmehr gingen beide davon aus, dass der Tipp selbstverständlich von Grasser kam – und dass im Gegenzug für den Tipp ein Teil der 9,6 Millionen Euro schweren Provision treuhänderisch für den Ex-Minister auf einem geheimen Nummernkonto verwaltet wurde. Für die These sprechen die Aussagen verschiedener Zeugen.

Abgekartet

Ein früherer Kabinettsmitarbeiter Grassers hat den Buwog-Deal lange vor dem Prozess öffentlich als „abgekartetes Spiel“ bezeichnet. 

Und für besonders glaubwürdig hielt das Gericht offensichtlich auch einen anderen Belastungszeugen, nämlich: Peter Hochegger, also Meischbergers Geschäftspartner. Hochegger hat sich selbst und Grasser im Prozess belastet – und dafür eine Strafmilderung bekommen. Grasser und Meischberger stellen bis heute in Abrede, das Maximalgebot der CA Immo verraten zu haben.

Unstrittig ist, dass es für den früheren Minister um extrem viel geht: In erster Instanz wurde er für schuldig befunden. Bestätigt der OGH das Urteil der ersten Instanz, bekäme Grasser acht Jahre Haft.