Der Umstand, dass Verfassungsrichter von der Bundesregierung bzw. von National- und Bundesrat ausgewählt werden, ist verfassungsrechtlich so vorgesehen. Bei der Angelobungsfeier sagte VfGH-Präsident Christoph Grabenwarter, dass gerade die im internationalen Vergleich lange Amtszeit und die Unvereinbarkeitsvorschriften, die im Vorjahr mit einer „Cooling off“-Phase für ehemalige Regierungsmitglieder verschärft wurden, die Unabhängigkeit des Höchstgerichts absichern.
Erfolgreich gewehrt hat sich der VfGH bis dato gegen Versuche früherer Regierungen, eine „Dissenting Opinion“ einzuführen – was bedeuten würde, dass das Abstimmungsverhalten einzelner Richter publik gemacht würde. In der jetzigen Praxis entscheidet das Kollegium (ohne Präsident) per Mehrheitsbeschluss in geheimer Beratung.
Einziger Zivilrechtler
Durch die beiden Neuen würde der VfGH auch vielfältiger, sagte Grabenwarter. Mit Julcher, die schon seit zehn Jahren Ersatzmitglied beim VfGH ist, ist jetzt wieder eine Berufsrichterin ständiges Mitglied. Die Wienerin ist beim Verwaltungsgerichtshof tätig und auf Arbeits- und Sozialrecht spezialisiert.
Und mit Perner, Professor an der Wirtschaftsuni Wien, ist seit der Pensionierung eines Fachkollegen 2009 wieder ein Zivilrechtler dabei.
Seine Rolle als Jüngster in der Runde sei ihm durch seinen großen Bruder nicht unbekannt, sagte der 1980 geborene Wiener scherzhaft bei seiner Angelobung: „Ich weiß, mich ein- und unterzuordnen.“ Worauf Vizepräsidentin Verena Madner – selbst ältere Schwester – replizierte: „Das Familienleben bereitet einen ein bisschen, aber nicht auf alles vor.“
Gemeint ist damit zeit- und arbeitsintensive Tätigkeit beim VfGH während der Sessionen. In der aktuellen steht unter anderem eine Beschwerde gegen den im Vorjahr reformierten ORF-Beitrag auf der Agenda.
Am kommenden Freitag führt der VfGH eine seiner seltenen öffentlichen Verhandlungen durch. Das Thema: Social Egg Freezing. Die Entnahme und das Einfrieren von Eizellen ohne medizinische Indikation ist in Österreich verboten.
Die Antragstellerin – eine Frau, die zwar nicht jetzt, aber später Kinder haben möchte – sieht darin einen Verstoß gegen das Recht auf Privat- und Familienleben.
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