Wenn man aktuell hustet oder schnupft, könnten dann LP.8.1 oder NB.1.8.1 dahinterstecken?
"Das ist möglich, muss aber nicht zwingend so sein", sagt der Virologe Andreas Bergthaler von der MedUni Wien. "Zum einen können viele verschiedene Viren diese Symptome auslösen, zum anderen zirkulieren auch innerhalb der Corona-Familie aktuell verschiedene Varianten."
Insbesondere Infektionen durch NB.1.8.1 seien zuletzt aber stark angestiegen, vor allem in den USA, China und Taiwan. "Es scheint, als ob NB.1.8.1 derzeit im Virusgeschehen vermehrt anzutreffen ist. Bei uns in Österreich sehen wir im Abwasser seit Anfang Mai erste Anzeichen, dass NB.1.8.1 einen Wachstumsvorteil gegenüber anderen Varianten besitzt und dominant werden dürfte", schildert Bergthaler.
Ist NB.1.8.1 besonders gefährlich?
"Nimbus vereint die Eigenschaft einer besseren Immunflucht mit der weiterhin guten Fähigkeit an Zellen binden und sie infizieren zu können, wie experimentelle Studien aus China nahelegen", erklärt Bergthaler. Das bedeute, dass Nimbus theoretisch ansteckender sei und einen durch Impfungen und Infektionen aufgebauten Immunschutz leichter durchbrechen könne. "Bei gesunden Menschen dürfte es aber nach wie vor nur zu milden Krankheitsverläufen kommen." Seit Ende Mai sei die Viruslast insgesamt im Abwasser hierzulande wieder im Steigen begriffen, nachdem sie in den vergangenen Monaten recht niedrig war.
Stehen wir vor einer Sommer-Welle?
"Zusammengenommen ist es wahrscheinlich, dass wir gerade am Beginn einer neuen Infektionswelle stehen", fasst Bergthaler zusammen. "Und es erscheint naheliegend, dass NB.1.8.1 der Haupttreiber ist. Wie groß die Welle sein wird, ist jedoch schwieriger zu prognostizieren." Von einem Ansteckungspeak in den Sommermonaten geht auch Arschang Valipour, Vorstand der Abteilung für Innere Medizin und Pneumologie an der Klinik Floridsdorf, aus: "Vergangenes Jahr gab es im Sommer ebenfalls einen Anstieg der Infektionszahlen, auch aufgrund der erhöhten Reiseaktivität. Wenngleich er nicht so stark wie im Herbst ausgefallen ist. Wir sollten vor allem die Nimbus-Variante im Auge behalten."
Ist die Lage besorgniserregend?
Auf Grundlage der verfügbaren Daten wird das zusätzliche öffentliche Gesundheitsrisiko, das von LP.8.1 und NB.1.8.1 ausgeht, von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) auf globaler Ebene als gering eingeschätzt. "Ich sehe nicht wirklich einen Grund zur Besorgnis, auch wenn wir am Fuße einer Welle stehen", sagt auch Bergthaler.
Wie ist die Lage in den Krankenhäusern?
Laut dem SARI-Dashboard des Gesundheitsministeriums – es weist aus, wie viele Menschen mit schweren Atemwegserkrankungen sich hierzulande im Spital befinden – ist die Situation in den Krankenhäusern momentan stabil. Vorläufige Daten aus der vergangenen Woche weisen aus, dass 16 Personen wegen Covid-19 auf einer Normalstation behandelt wurden. Auf einer Intensivstation befanden sich keine Patientinnen und Patienten mit Corona-Infektion.
"In den Spitälern zeigen sich die potenziellen Auswirkungen der neuen Varianten noch nicht", bestätigt Valipour. "Wir haben in den letzten Wochen einen leichten Anstieg der Patientinnen und Patienten auf sehr geringem Niveau verzeichnet. Die Zahlen bewegen sich unter dem Vorjahresniveau."
Bei den neuen Varianten handelt es sich um Omikron-Abkömmlinge. Bringt eine Infektion besondere Symptome mit sich?
Bislang gibt es keine Anzeichen dafür, dass LP.8.1 oder NB.1.8.1 schwerer krank machen als Vorgänger-Varianten. Fieber, Schnupfen, Husten, Halsschmerzen, Kopf- und Gliederschmerzen – wer als gesunder Mensch schon mal Corona hatte, kennt diese Symptome. "Um hierzu saubere Daten zu generieren, bräuchte es aber Zeit", sagt Bergthaler. "Man muss Patienten klinisch verfolgen, um Vergleiche auf Symptomebene anstellen zu können. Bisher gab es bei jeder neuen Variante Berichte, dass gewisse Symptome ausgeprägter waren, aber wenig Daten, die diese Thesen nachhaltig gestützt haben."
Sollte man sich bei Erkältungssymptomen testen? Schlagen alte Antigen-Schnelltests noch zuverlässig an?
Eine Testung bei Symptomen sei im Sinne der Selbstisolation und des Fremdschutzes "durchaus zu empfehlen", sagt Valipour. "Wenn man selbst Atemwegsbeschwerden hat, kann man ganz pragmatisch sein und zum Schutz anderer in geschlossenen Räumen, dem Flugzeug zum Beispiel, eine Maske aufsetzen. Oder, falls man zur Risikogruppe gehört, zum eigenen Schutz Maske tragen." Verfügbare Schnelltests würden Infektionen "nach wie vor recht zuverlässig anzeigen". Der Grund: "Das Virus verändert sich an seinen Oberflächenproteinen, die Tests orientieren sich überwiegend an anderen Strukturen des Erregers."
Ist eine Impfung jetzt ratsam?
Die derzeit verfügbaren Corona-Vakzine sind an JN.1 und KP.2, ebenfalls von Omikron abstammende Virustypen, angepasst. Die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) hat ihrerseits bereits eine Adaptierung bestehender Impfstoffe an LP.8.1 empfohlen. Die WHO geht davon aus, dass aktuelle Impfstoffe auch gegen LP.8.1 Schutz bieten – "sowohl in Bezug auf symptomatische als auch auf schwere Verläufe", heißt es. Bezüglich NB.1.8.1 gibt es noch keine Stellungnahmen.
"Vor allem die Nimbus-Variante ist in abgeänderter Form bereits in verfügbaren Impfstoffen enthalten, weil sie ein Abkömmling der lange dominanten JN.1-Variante ist. Damit ist der Impfschutz, was schwere Verläufe betrifft, nach wie vor gut gegeben", schildert Valipour. Risikogruppen, deren letzte Impfung bereits länger zurückliegt, sollten sich gegebenenfalls vor Reisetätigkeiten jetzt eine Auffrischung holen. "Gesunde Menschen können auf den Herbst warten."
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