„Der Aufwand war krass, aber er hat sich gelohnt“, sagt Feichtinger heute, denn ihre Auswertungen – veröffentlicht im Fachblatt PNAS – verdeutlichen nicht nur, dass Österreich ein Eldorado für die Hai-Forschung ist, sie belegen auch neun neue Urhai-Arten und ermöglichten eine fundierte Spekulation darüber, warum die Knorpelfische den Asteroiden-Einschlag vor 66 Millionen Jahren besser überstanden als andere Tiere.
Geologische Besonderheiten machen Österreich zum Hotspot
Als die Kontinente noch Laurasia und Gondwana hießen und Österreich näher am Äquator unter der Tethys lag, tummelten sich unzählige Arten in den tropischen Zonen des riesigen Ozeans. Bis der Chicuxulub-Asteroid den blauen Planeten traf und 75 Prozent aller Spezies auslöschte.
„Wir haben mit Gams und Waidach gleich zwei Orte, an denen Sedimentschichten vor und nach dem Einschlag zugänglich sind, und in denen fossile Fischreste erhalten blieben“, erklärt Feichtinger die weltweit seltenen Voraussetzungen für Vergleichsstudien.
Zudem lag Ur-Waidach etwas näher an der Küste, während sich Ur-Gams 1.000 bis 2.000 Meter unter dem Meeresspiegel befand. Trotz der geologischen Unterschiede inklusive entsprechendem Sauerstoffgehalt im Wasser ergaben sich stimmige Ergebnisse; regionale Phänomene sehen anders aus.
„Ich hatte letztlich mehr als 9.000 Zähne und Schuppen von Knorpel- und Knochenfischen zum Bewerten“, sagt die studierte Erdwissenschafterin. Im akribischen Abgleich mit der knappen Fachliteratur stellte sich bald heraus, dass vor allem unbekannte Arten darunter waren.
Als „echtes Mysterium“ erwies sich ein Fossil, das von der Wurzel her eindeutig ins Revolvergebiss eines Hais passte, nicht aber zur Krone. Feichtinger benannte Incognitorapax fernsebneri nach dem Onkel eines Helfers; auch andere Mitstreiter kamen in den Hai-Namen zu Ehren.
Haie konnten nach dem Asteroiden-Einschlag Nischen nützen
„Ich habe nicht nur neun neue Arten beschrieben, sondern das Material auch quantitativ analysiert“, sagt die Paläontologin. Tatsächlich änderte sich das maritime Leben durch den Asteroiden-Einschlag gravierend.
Während Knochenfische in der Kreidezeit mehr Spuren hinterließen als Haie, verschwanden sie vor 66 Millionen Jahren beinahe vollständig. Haie dagegen konnten die freigewordenen Öko-Nischen übernehmen. Die Knorpelfische passten sich wohl dank der langsamen Entwicklung ihres Nachwuchses besser an als die Konkurrenz mit rascher, dafür anfälligerer Reproduktion.
„Für mich war die Arbeit ein Rätselkrimi“, schließt Iris Feichtinger: „Es macht süchtig, den Fall zu klären.“ Sie rechnet wegen des Erfolgs mit kollegialen Nachahmungstätern.
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